Das Glück der Glücklichen – Eine Entzifferung Info-Literatur

Das Glück der Glücklichen – Eine Entzifferung

Exposé zum Roman

Hamburg, 2010
 
Der Ich-Erzähler Peter Kellermann und seine Frau Mia trennen sich. Er verlässt die gemeinsame Wohnung, um folglich immer wieder anders dorthin zurückzukehren und von der Vergangenheit seiner selbst erwartet zu werden. In der Wiederholung entdeckt er abermals Verletzendes und Trennendes, aber auch Glückliches und Verbindendes des gescheiterten Zusammenlebens. .
Nach der Trennung folgt er seinem Motto: Leben und leben lassen. Er geht einige erotische Verhältnisse ein. Aber er ermuntert auch seine Ex-Frau Mia, stärker ihr Leben zu leben!“
Sein Aufsuchen des verlassenen Lebensraums geht mit dem Aufsuchen anderer ehemaliger Heimatorte einher: Elternhaus am Oberrhein, Berlin, Paris, aber vor allem das Binnenschiff seiner Kindheit.
Als Unbehauster versteht er die Freiheit, zu Fuß und per Rad, per Flugzeug und Auto oder eben mit dem Schiff zu seinem neuen Platz in der Welt aufzubrechen. Auf seinen Wegen ereilt ihn das Leben in vielfältiger Gestalt und er erfährt Momente des Glücks: Etwa der poetische Augenblick, wenn die Farben der Dinge hervortreten. Oder beim Besuch eines Ortes im weiten Westen der USA: der Gründer hat sich dort niedergelassen, weil er sich genau an dieser Stelle heimisch fühlte. Auf seinen Reisen erfährt er, dass die Vergangenheit nicht vergangen ist und bemerkt, dass das Neue in diesem Alten liegt. Auf einem Binnenschiff aufgewachsen und in Hamburg wohnhaft, findet er letztlich auf einem Segelboot seinen Platz in der Welt. An Bord ist er Zuhause und zugleich unterwegs auf Fluss und Meer.
 
Die Trennung von Mia bedeutet jedoch auch die Trennung von ihrer gemeinsamen Tochter Minna. Sie bleibt bei ihrer Mutter wohnen. Seine Verlustängste wechseln sich ab mit Erinnerungen an Momente des gemeinsamen Glücks. Die Sehnsucht nach seiner Tochter geht so weit, dass er selbst wieder die Schule besucht. Schreiben, sei es auch eine Mathearbeit, bedeutet ihm, etwas zu schaffen, auf dem er stehen und gehen kann. Aus seinem, von Minnas Abwesenheit verursachten, traurigen und verletzlichen Zustand entspringt Kreativität.
Die Trennung „kränkt“ Peter Kellermann im wahrsten Sinne des Wortes. Er besucht Ärzte, unterzieht sich einer Operation, um am Ende durch die Liebe einer nahezu mythischen Frauengestalt geheilt zu werden. Sie verkörpert die Selbstheilungskräfte, auch die durch die Literatur.
Der Roman „Das Glück der Glücklichen“ ist dicht und vielschichtig. Sie hat verschiedene Ebenen. Auf einer folgt sie dem Thema Nomen est Omen (der Name ist Programm) und zeigt die Einmaligkeit und besondere Kraft der Eigennamen von Menschen (bei Unterschriften oder als Pseudonyme oder als Liebende), von Orten, Schiffen, Unternehmen oder gar Musiktiteln. Leitmotivisch verfolgt der Roman das Led Zeppelin Stück „Baby, I am gonna leave you“ und endet mit Leonard Cohens: „ Love calls you by your name“!
Neben Peter Kellermann, Mia und Minna tritt eine Reihe anderer Figuren auf: Da ist sein Berliner Kumpel Jo, der Künstler. Zu ihm fühlt sich Mia nach der Trennung wie zum Gegenpol von Peter hingezogen. Unter der Rivalität zwischen Peter und Jo verbirgt sich wiederum ein subtiles homoerotisches Verhältnis. Da ist Angel, das von Peter in den Fokus genommene schreibende Geschöpf, und seine Frau Angela, beide sind für Radio und Fernsehen tätig. Wenn Angel bei der Produktion eines Hörspiels die vom Autor Peter Kellermann geschriebenen Worte entziffert und in gesprochene Sprache überträgt, taucht die Frage auf: Beschreibt der Ich-Erzähler das Geschehen oder inszeniert es Angel?
Auf die skizzierte Weise ist der gesamte Roman eine Entzifferung von bereits in Büchern verfassten Urtexten, in einem Stempel oder auf Leinwänden befindlichen Zeichen, Worten, Sätzen, ja Schriftbildern. Sie schildert Möglichkeiten von menschlichen Leben und verweist auf dieser Ebene gleichfalls auf das Motiv des Neuen im Alten.
 
Da ist Roland, der Mann, der auf das Hausboot zurückkehrt, auf dem er einmal gelebt hat. Wie Peter Kellermann seine eigene Vergangenheit aufsucht, so auch Roland an Bord, um sich aus der Gebundenheit an sie zu lösen. Eines Tages kommt Eckhard zu Roland aufs Boot, beseelt vom Traum, über Mittelmeer und Atlantik nach Timbuktu zu segeln.
Die Kunst des Segelns, etwa das Trimmen, die Beobachtung der Wasseroberfläche, das Lesen der Wolkenformationen, all die Fortbewegung in und mit Hilfe der Natur wird zum Sinnbild von Leben und Schreiben selbst. Durch die Wechsel der Figuren und der Perspektiven entsteht im Roman eine Räumlichkeit, die alles Analoge hinter sich lässt.
 
Der 2010 in Hamburg geschriebene Roman „Das Glück der Glücklichen“ umfasst etwa 150 Seiten.