Lobpreisung des Lichts
Exposé zum Roman
Ereignisse und Dinge erscheinen in einem bestimmten Licht oder sie verbergen sich. Erinnerungen kommen ans Licht oder Begebenheiten versinken im Schatten des Verdrängens. Die Augen müssen sich an Lichtverhältnisse gewöhnen, an Helligkeit und Dunkelheit. Da ist das Licht, das des Protagonisten Peter Kellermanns Kindheit auf dem Schiff erhellt. Da ist das Sonnenlicht, das ein menschliches Bauwerk wie ein Turm anstrahlt, zum göttlichen Ereignis erhebt und zur Lobpreisung des Lichts anregt.
In der Zeit, in der George W. Bush seinen Irakfeldzug führt, wird Kellermann bei seinem Besuch im Elternhaus mit dem Rätsel ATLANTIS konfrontiert, das von Platon beschriebene mythische Inselreich, das später im Meer untergegangen ist. Sinnbild dafür, dass in seinem Leben im Dunkeln liegt, ob er schuldig an der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin ist – und damit der Zerstörung der eigenen kleinen Familie. Licht ins Dunkel zu bringen, macht er sich im Irrgarten des Lebens auf Wege und Umwege, auf Reisen zu Land, zu Schiff, zu Luft. Auf der Suche nach dem, was Heimat und ein Platz in der Welt ist, öffnet er mit Schlüsseln Lebensräume. Wenn sich Kellermann irgendwo Zuhause fühlt, tauchen Bilder aus seinem Elternhaus aus der Vergessenheit auf, damals ist jetzt. Die alten Bereiche sind besetzt mit lebhaften Erinnerungen, mit Nomaden aus der Vergangenheit, mit Ahnen, auch mit Toten. Dort treten Schwierigkeiten im Alltag, Streitereien, Liebschaften, Verstummen und Sprachlosigkeit zu Tage, es folgen Rückzug, Trennung, Verlust und Einsamkeit.
Aber es ist nicht alles schlecht. Es gibt auch schöne Episoden des Zusammenlebens mit der Lebensgefährtin, Liebe und gemeinsame Kindern, das Wohlgefühl, eine Familie zu haben und an seinem Platz zu sein. Kurz gesagt: die ganze Ambivalenz, Glück und Fallstricke einer Partnerschaft. „Das sind also meine Gründe auszuziehen“, stellt Kellermann an der Stelle der Trennung fest, „all die Geister und Mäntel der Vergangenheit, die einem die Luft zum Atmen nehmen.“ Seine geliebte Mutter mit ihren Suizidabsichten, die sie auf ihren Sohn übertragen hat. Ungeheuerlich auch die Erkenntnis, sie könnte ihn missbraucht haben. Dagegen findet er erstaunlich, die weichen Seiten seines Vaters zu sehen und dessen Feststellung zu hören, er habe ein falsches Leben geführt. Durch die wiederholten Rückkehren in sein Elternhaus setzt sich beiläufig die Geschichte seiner Herkunftsfamilie zusammen, aber auch die seiner eigenen kleinen Familie – eine Trennungs- und Befreiungsgeschichte. Erst, als Kellermann aller Schuld ledig an der Trennung ist, versteht er auch die Freiheit, aufzubrechen, wohin er will. Geradezu mythisch taucht immer wieder sein Schiff der Kindheit auf, die RIMBAUD, mit der er sich auf die lange Reise nach Infania macht.
Mit dem Topos Schiff und seinem imaginären Ziel wird zugleich das Lied auf die Freiheit gesungen. Die Besatzungen geraten in schwere See und in Malströme, bekommen es mit Naturgewalten zu tun, laufen mit zu entdeckenden Inseln unbekannte Lebensbereiche an, rettende Ufer, sichere Häfen, an und in denen sich das Vergangene in neuem Licht zeigt.
Am Anfang ist die Welt fremd, er sieht sie wie zum ersten Mal. „Transzendenz, im Sinne des Hinübergehens von hier ins Fremde, ist eine Grundgegebenheit menschlichen Daseins“, schreibt Christian Lehnert. Wer aber schreibt die Geschichte der Reisen, Ortswechsel, Sprünge und Brüche? Da gibt es Des Wesp, ein auf Island lebender Schriftsteller. Einmal entwickelt sich der Roman auf digitale Erzählweise, „als lese er … die auf seinem Smartphone erscheinende Wort- und Bildergeschichte vor“. Ein anderes Mal wird er als die Übersetzung des Urbuches geschildert. In beiden Fällen kommt der Stoff aus einer anderen Wirklichkeit. Niemals ist die Geschichte analog. Immer wieder werden, um sie lebendig zu entwickeln, Rollen getauscht, die Perspektiven gewechselt, die Geschichten von anderen erzählt, wie von Kellermanns Tochter Wiebke, aus dem Blickwinkel des Künstlerfreundes Paul oder aus dem von Angela, einer Autorin. Die Ebene der Film- und Hörfunkproduktionen stellt das Work in Progress dar, die Ebene der Schiffe das Navigieren, Auf diese Weise entsteht ein großes Wandgemälde, mit der gesellschafts-politischen Dimension, eine Demonstration gegen die faschistischen Tendenzen zu sein.
Kurz vor Schluss werden all die Reisen und Ortswechsel auf die Ebene der Wirklichkeit geholt, die Maschine, mit der er abgehoben hat und auf die die Schläge des Schicksals zwar wie Meteoritenschauer niedergegangen sind, ist gar nicht geflogen. Die Geschichte des klammen Hörfunkautors, der schließlich von einem Gönner Geld für sein Projekt Kulturschiff bekommt, ist alles Imagination. Dennoch findet er sich in einer ähnlichen Situation wie am Beginn: die Ankunft an einem Ufer, das es abermals zu entdecken gilt. Zuhause angekommen, beginnt gleich wieder der Aufbruch…
Lobpreisung des Lichts ist neben einer Liebesgeschichte zugleich auch ein Künstler- und Entwicklungsroman.
Er umfasst 500 Manuskriptseiten.