Das Ende ist nicht das Ende
Exposee zum Roman von Egon Koch
Etwas ist zu Ende – eine Beziehung, das Leben mit der Familie, das Leben an einem bestimmten Ort, wie auf einem Hausboot oder im Heimatdorf, die Kindheit. Die vergangenen Ereignisse dringen jedoch immer wieder in das gegenwärtige Leben des Protagonisten Wolf ein und wirken, obwohl sie vorbei sind, mit durchschlagender Kraft.
Wolf, Autor beim Hörfunk, hat vor fünfzehn Jahren die gemeinsame Wohnung mit Lebensgefährtin und Tochter verlassen. Als er eines Tages einen Jungen vor dem Tod rettet, rollt die Geschichte der Konflikte, Streitigkeiten und Trennung mit der Ex-Partnerin wieder auf, eine verschorfte Wunde platzt auf, ein Zahn fällt aus. Zumal die inzwischen erwachsene Tochter den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen hat. Grund: er, der Vater, und ihre Mutter konnten ihr keine emotionale Sicherheit geben. Im Schmerz um den Verlust seiner Tochter geht es für Wolf jeden Tag ums Überleben. Zugleich ist er, wie ein Todeskandidat, gezwungen, sich den unglücklich verlaufenden Ereignissen in seiner kleinen Familie, seinem gelebten Leben zu stellen. Seine Trauerarbeit entspricht der Wiederherstellung dessen, was einmal sein Zuhause war.
Der Roman ist Trauerarbeit, ja, aber in einer spielerischen Form. Wolf ist nicht allein mit seinem Schicksal. In seinem Umfeld gibt es ähnliche unglückliche Lebensläufe. Seine Erfahrungen spiegeln sich in denen seines Zwillingsbruders, seines Doppelgängers und Vorgängers wider.
Mit den Ereignissen entsteht ein lebendig-buntes Kaleidoskop aus Stimmen, Farben, Eindrücken, genauer gesagt, aus der Produktion eines Hörspiels, aus Beschreibungen von Gemälden, Installationen und Fotos, aus Karten- und Fußballspielen. Derart entwickelt sich die Geschichte in verschiedenen Dimensionen immer wieder anders als gedacht und nimmt überraschende Wendungen. Zum Ende hin verändert sich selbst der Protagonist zu einem anderen und erhält folglich einen neuen Namen. Hat er aber gedacht, er hätte sich jetzt endgültig von seiner Ex-Partnerin getrennt, holt ihn abermals die Vergangenheit ein. Nein, dieses Ende ist auch nicht das Ende. Wie der Tod es womöglich auch nicht ist.
Möchte man dem Roman einer Gattung zuschreiben, dann wäre es am ehesten der Strukturalismus, bei dem haben die Strukturen Vorrang gegenüber den Figuren und das System steht über den Individuen.
Der Roman Das Ende ist nicht das Ende umfasst etwa 250 Manuskriptseiten.